Auf der Suche nach Heimat
- Bio Kind
- 23. Nov. 2016
- 3 Min. Lesezeit

Ich bin auf der ewigen suche nach Heimat. Schon immer.
Irgendwo muss doch ich zuhause sein!
Aber „was ist Zuhause?“, - frage ich mich oft.
Ist zuhause dort wo man geboren ist?
Ich habe oft versucht diesen Ort meiner Geburt besonders zu finden.
Aber mit jedem Tag an dem ich länger an ihm verbrachte, kehrte eine unheimliche Sehnsucht nach anderen Weiten des Horizontes in mir ein.
Ich bin ein Flucht-Tier. Ja.. vielleicht kann man das so nennen.
Schon immer habe ich überall gewohnt. Mal in dieser und in jener Stadt.
Meine Mama ist oft mit mir umgezogen. Aber Schleswig-Holstein ist einfach zu klein, als dass man ihm entfliehen kann.
Überall wohnen die gleichen Menschen und überall sieht alles so gleich aus. Rote Backsteinbauten die sich nichts sagend im Winde welzen. Und darin ich. Die kleine anders denkende Elfe mit dem Kopf voller Ideen.
Und so kam es irgendwann mit 20 – wo ich mich auf die Reise machte und mit den Flügeln davon flog. Raus aus dieser Welt voller Ketten. Auf nach Berlin. Dem Mekka des Impulses.
Ja! Und genau das war es was ich brauchte. LEBEN. Vielleicht ein kleines Leben neben eintausend anderen. Unbedeutend und fast gar nicht zu sehen, aber dennoch da und so nah am überall.
Ich erinnerte mich oft an eine Zeit in meiner Geburtsstadt zurück, als ich Jahrelang in dieser kahlen Wohnung auf und ablief. Mich kaum noch aus dem Haus traute. Weil mir die Menschen so vertraut, dass sie mir schon unvertraut waren und ich mit niemanden ein Wörtchen mehr wechsele.
Ich hatte mich isoliert. Ich hatte mich eingesperrt in mir selbst.
Weil es ausser diesem Weltbild kein anderes in mir gab.
Aber Berlin… Oh ich war überall! Ich habe die Elektrizität dieser Stadt genutzt, um meine Bahnen durch all die verwinkelten Hinterhöfe zu ziehen und dabei die irrwitzigsten und Interessantesten Menschen kennengelernt, die es je in meinem Leben kennenzulernen gab.
Und das erste mal in meinem wenigen Leben traf ich auf diese zwei Menschen, die ich niemals wieder loslassen wollte. Und so ich lernte die Bedeutung von Freundschaft, Liebe, Hochzeit, Geburt und Mutterschaft kennen.
Ich war gerade dabei wie eine Rakete in das Weltall zu starten…
Meine Welt war nie schöner zuvor. Ich habe diesen Mann gesucht und ich habe diesen Mann gefunden. Und ich habe mir dieses Kind gewünscht und ich habe es in dieser Stadt entbunden. Und wir haben diesen wunderschönen Krippenplatz inmitten des friedlichen Wäldchens bekommen…
Und dann kam der Anruf. Aus Kiel. Aus Altenholz. Von dieser Frau. Sie sagte, wir könnten diesen Kindergartenplatz haben. In 10 Tagen. Und so zerbrach alles, was vorher noch so bunt, so schön und so mühsam zusammen gemalt wurde. Ein Bild zerbrach. In mir. Es war klar, dass wir eines Tages wieder zurück kehren mussten. Mein Schwiegervater wohnt dort. Er ist alt.
Und er ist schwer erkrankt.
Und so hatten wir uns vor einem Jahr schon um einen Kindergarten Platz dort beworben, aber hofften insgeheim dass sich niemand darauf melden würde. Irgendwann dann verdrängte ich die Tatsache, dass… aber der Moment kam. Und ich musste abschied nehmen. In kürzester Zeit. Und dies tat ich mit einem riesigen Festessen. Mit all den lieben Menschen um mich herum.
„Wie wird es dir dort ergehen?“ fragten sie mich.
Und ich antwortete: „Ich denke diese Stadt hat mich stark genug dafür gemacht. Ich denke, ich werde sicherlich schon irgendwo einen Anschluss finden“. (ich lächelte sicher.) Und so kam ich zurück.
In diesen Ort meiner Kindheit. In diesen Ort jener Bedeutungslosigkeit.
Ich versuchte standhaft zu bleiben, aber mit jedem neuen grauen Tag trat ich einen Schritt zurück in eine Welt, die ich nie wieder betreten wollte.
Ich fuhr Tagelang in einer eingebildeten Euphorie ans Wasser und suchte nach der Schönheit, die alle doch so beim Namen nannten. Doch ich fand sie nicht. Alles war so leer was ich ansah. Und alles war so berührt was ich berührte.
Es gab kein flecken Erde, dass ich nicht schon aus den verschiedensten Winkeln gemustert habe. Und so rostete die alt verlassen geglaubte Kette an meinem Handgelenk weiter. Ich fühlte wie das pulsieren der Stadt nur noch mühsam in meinem Herzen schlug und manchmal, wenn ich aus dem Fenster sah, wie es windet und wütet – ich mir wünschte wieder davon zu flögen. Still und leise. Und wieder nach Leben zu suchen. Nach Heimat. In diese – eine – Heimat.
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